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Ein Tag mit dem Smart E-Bike

Nach der Testfahrt etwas staubig. Das Smart Electric Bike.

Nach der Testfahrt etwas staubig. Das Smart Electric Bike.

 

Vor geraumer Zeit hatte ich mich um eine Probefahrt mit dem Smart E-Bike bemüht. Nun hat es endlich geklappt. Einen Tag und 40 Kilometer war ich mit der wohl stylischsten Version eines E-Bikes unterwegs. Stuttgart ist dabei Extremtestgelände für Elektrofahrzeuge aller Art. Auch das Smart E-Bike wurde von dieser Stadt in seine Grenzen gewiesen.

Noch bis zum 28. Juli kann sich jeder am Kreisel beim Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart ein Smart E-Bike für einen Tag ausleihen. Die Kommunikation von Mercedes-Benz hatte mich darauf aufmerksam gemacht und heute ein Fahrrad für mich reserviert. Der Mitarbeiter am Stand begrüßte mich dann auch gleich mit, man habe schon befürchtet, dass ich komme und klärt seine Kolleginnen darüber auf, dass sei so eine Bloggergeschichte und ich ein Fahrrad bekäme, damit es in diesem Internet erwähnt wird.

Nun gut, Neuland lässt grüßen. Die Ausleihe ging dann reibungslos. Noch ein Schloss, dass ich unterwegs auch mal eine Pause machen und das E-Bike dabei abschließen kann. Eigentlich bin ich begeisterte Fahrradfahrerin. Aber in Stuttgart macht es ob der ganzen Berge keinen Spaß. Egal wo ich hinfahre, ich komme bis auf die Unterhose nass geschwitzt an. So kam es, dass ich in den letzten Monaten mich sträflich wenig bewegt habe und in den letzten Wochen mehr als eine Zigarette zu viel geraucht habe. Ich bin also im Augenblick entsprechend unfit. Die Hoffnung war also, dass der elektrische Hilfsantrieb mich wenigstens fit aussehen ließe.

Da ich aber nicht lange rumjammern will, bin ich direkt Richtung Fernsehturm aufgebrochen. Der Fernsehturm in Degerloch steht auf einem der höchsten Punkte der Stadt. Das Mercedes-Benz-Museum befindet sich auf dem Höhenniveau des Neckars. Es galt also von 220 Metern über normal Null (n.N.) auf gut 480 Meter über n.N. zu kommen. Dem trainierten Biker würden die 260 Höhenmeter wohl nur ein müdes Lächeln abringen. Ohne Hilfsantrieb, wäre ich die Strecke aber mit Sicherheit nicht gefahren.

Auf einmal ist Stuttgart flach

Das Smart E-Bike verfügt über vier verschieden starke Unterstützungs- und Rekuperationsstufen. Beim Bergabfahren oder abbremsen kann man den Akku dank der Rekuperation wieder laden. Die Stufen lassen sich über eine Wippe am Lenker auswählen.

Da ich den Akku nicht gleich am ersten Berg schröpfen und mich erstmal an das Fahren mit Unterstützung gewöhnen wollte, stellte ich den Motor auf die zweite Stufe. Auf einmal ist es als würde jemand von hinten schieben. Der Kraftauffand zum Vorwärtskommen am Berg ist gleich dem, als würde man auf der Ebene fahren. Und plötzlich scheint Stuttgart nicht mehr im Kessel, sondern in der norddeutschen Tiefebene zu liegen. Die erste Unterstützungsstufe gleicht in etwa das Mehrgewicht des Rades gegenüber einem normalen Tourenrad aus.

Dabei ist das Fahrrad nichts für Faullenzer. Denn wer denkt, er könne sich vom Motor gemütlich den Berg hochschieben lassen, der irrt. Denn wer nicht selbst tritt, den unterstützt auch der Motor nicht. Man sollte also schon vor der Steigung antreten und die Unterstützung zuschalten. Dann gleitet man einfach den Berg hinauf. Das zu- und abschalten der Unterstützungstärke braucht etwas Übung. Am Ende meiner Fahrt hatte ich den Kniff einigermaßen raus. Nach zwei Tagen sollte man also nahezu perfekt mit der Unterstützung umgehen können.

Nein, es ist kein Mountain-Bike

Ging es bergauf noch über Straßen, führte der Weg abwärts auf grob geschotterten Wegen durch den Wald, die wesentlich steiler als der Aufstieg waren. Das Smart E-Bike ist definitiv kein Geländerad. Da es über keine Federung verfügt, wird man ordentlich durchgeschüttelt. Die Hände sollten fest am Lenker sein, sonst kann einem ein Huppel schon mal den Lenker aus der Hand schlagen und dann ginge es ohne Fahrrad weiter bergab. Bei diesem Gefälle kann die Rekuperation nicht mehr mithalten und die hydraulischen Scheibenbremsen an Vorder- und Hinterrad müssen helfen die Geschwindigkeit auf etwas unter völlig lebensmüde zu reduzieren.

Auch an die Bremskraft der Scheibenbremsen muss man sich erst gewöhnen. Diese bringen das gut 26 Kilogramm schwere Fahrrad binnen Sekunden zu stehen. Die Rekuperation kann nicht nur über den Wahlschalter am Lenker aktiviert werden, sondern auch über den linken Bremshebel. Dieser lässt auch die Vorderradbremse zupacken, sollte man also mit entsprechender Vorsicht benutzen, sonst gibt es schnell einen Freiflug über den Lenker. Wobei der weit hinten liegende Schwerpunkt (Akku am Rahmen und Nabenmotor am Hinterrad), dem Abheben des Hinderrades etwas entgegenwirken.

Ohne Schweiß geht es auch mit dem Elektrofahrrad nicht

Raus kam ich am Südheimer Platz. Hier sorgen zwei Wassersprüh-Türme für kühle Erfrischung. Wirklich eine geniale Erfindung. Zwei Türme versprühen einen Wassernebel und man kann einfach mit dem Fahrrad durchfahren und ist schön erfrischt. Nebeneffekt: Der Regentest, auch das nasse Rad verteilt keine Stromschläge. Alle Kontakte sind gut verpackt und der Fahrradcomputer ist spritzwassergeschützt. Auf der anderen Seite des Platzes ging es wieder bergauf in den Wald. Mit dieser Steigung hat das E-Bike oder ich, je nach Sichtweise, den Meister gefunden. Trotz voller Unterstützung und der drei Gang-Nabenschaltung war nach wenigen Metern Schluss. Ich habe den Antritt nicht mehr geschafft und damit stellte auch der Motor die Arbeit an.

Wenn man nun am Hang steht, steht man. Denn wer die Kraft nicht aufbringt, dass Fahrrad in Bewegung zu versetzen, bekommt auch keine Hilfe vom Motor. Eine Anfahrhilfe gibt es nicht. Dann die 26 Kilogramm den Berg ohne Hilfe hochzuschieben ist auch nicht vergnügungssteuerpflichtig. Zugegeben der Waldweg war sehr steil. Endlich oben angekommen, war dann Zeit für eine längere Verschnaufpause. Auf die Bank legen, Füße hoch und hoffen, dass der Puls nochmal unter 180 fällt und dabei jede einzelne Kippe der letzten Tage verfluchen.

Aber da nützt alles rumheulen nicht. Wer rauchen kann, muss auch leiden können. Also weiter Richtung Schloss Solitude und damit zum höchsten Punkt der Rundfahrt. Das Schloss westlich von Stuttgart liegt auf knapp 500 Metern über n.N. Auf dieser Strecke konnte das Smart E-Bike seine Stärken voll ausspielen, der fein geschotterte Waldweg hatte immer wieder leichte Steigungen und Gefälle. Hoch ließ ich mich vom Motor unterstützen und runter gab es dank Rekuperation frischen Strom für den Akku.

Für den Weg zurück nahm ich denn den (Rad-)Wanderweg vom Schloß zum Schlößle, der mich hinunter in die Stadt zum Neuen Schloss und zum Rosensteinschloss führte. Zwischendurch noch gevespert, denn der Kalorienverlust muss ja ausgeglichen werden. Die Hasenbersteige hat die Rekuperation leider auch völlig überfordert und so ging viel Energie in den Bremsen verloren. Da auch die Straßen in Stuttgart mitunter so steil werden, dass der Gehweg zur Treppe wird, ist diese Stadt ein extremes Terrain für Elektrofahrzeuge. Bergauf müssen sie ihre Leistung zuverlässig bringen und abwärts ist eine effektive und starke Rekuperation gefragt.

Vom Rosensteinschloss ging es dann über Bad-Cannstatt und das Wasengelände zurück in den Neckarpark und zum Mercedes-Benz-Museum. Das Fahrrad war nach dem Test ziemlich staubig und sicher brauchten einige Lager einen Tropfen frisches Öl. Der Akku war noch zu gut einem Viertel gefüllt. Die Teststrecke betrug 40 Kilometer, wobei ich jeden Berg hochgefahren bin, den ich unterwegs fand und die letzten zwei Kilometer noch mal die volle Unterstützung genoss. Schnell noch ein Abschiedsfoto geschossen und das E-Bike wieder zurückgegeben.

Fazit

Das Smart E-Bike ist ein Gewinner in der Stadt und auf befestigten Waldwegen. Gerade in Städten wie Stuttgart, die sehr bergig sind, kann es seine Vorteile voll ausspielen. Dabei ist das Smart E-Bike Fortbewegungsmittel und kein Sportgerät. Wer sich also quälen und auf dem Fahrrad zur Höchstform kommen möchte, dem reicht das konventionelle Rad. Wer gerne auch mal den abgelegenen Weg nimmt oder ganz auf Wege verzichtet, der sollte sich ein Mountainbike kaufen. Hier ist dieses E-Bike kein Spaß und man kann sich schnell auf die Nase legen.

Die Höchstgeschwindigkeit der Unterstützung liegt laut Prospekt bei 25 km/h. In Wirklichkeit stehen 27 km/h auf dem serienmäßigen Bordcomputer, wenn die Vortriebshilfe plötzlich abschaltet. Wer aus eigener Kraft auf ebener Strecke schneller fahren will, muss ordentlich in die Pedale treten. Doch bei etwa 35 km/h ist ob der hohen Trittfrequenz dann Schluss. Die 26 Kilogramm lassen das E-Bike im Leerlauf lange rollen und geben ihm bergab ordentlich Schwung. Wenn der Akku aber mal leer sein sollte, sind das hohe Gewicht und die Nabenschaltung ein ziemliches Problem wenn es bergauf geht.

Der größte Vorteil des Smart E-Bikes: Es sieht verdammt gut aus. Vor allem im Vergleich mit den Elektrofahrrädern Modell „Oma” oder „Birkenstock-Öko”. Auf den ersten Blick wirkt alles sauber und präzise Verabeitet. Statt einer Kette erfolgt die Übersetzung über einen Carbon-Zahnriemen. Der Rahmen ist aus Alu und die hydraulischen Scheibenbremsen entschärfen manch kritische Situation. Die mitgelieferte Klingel vom Typ „bing” sollte durch etwas lauteres ersetzt werden, da man sich damit Blasen am Daumen klingelt bis ein Fußgänger reagiert.

Leider fehlt bisher ein Gepäckträger, der laut aktueller Preisliste für Frühjahr 2013 angekündigt war, aber offensichtlich immer noch nicht lieferbar ist. Alleine die passenden Taschen sind schon erhältlich. Doch was nutzt ein Fahrrad, mit dem ich die Einkäufe für das Wochenende oder die Tasche für’s Büro nicht transportieren kann? Nur so zum rumfahren ist es dann wieder zu teuer. Wo wir beim Preis wären: 2.849,00 Euro. Was erstmal saftig klingt und wahrscheinlich im Vergleich zu anderen Modellen auch saftig ist. Das Smart E-Bike ist in dieser Preisklasse aber mitnichten alleine. Auch wird man sicher von diesem E-Bike keine Berichte über zerbröselte Bremsen und gebrochene Rahmen hören.

Für mich ist der Preis wegen der fehlenden Federung, auch auf geteerten Straßen kann es einen ganz schön durchrütteln, und des fehlenden Gepäckträgers zu hoch. Ich werde wohl doch versuchen weniger zu rauchen und öfters mal nach Feierabend noch ein paar Runden auf meinem motorlosen Tourenrad drehen.

Update 23. Juli 2013

Heute wurde ich von Daimler darauf hingewiesen, dass der Gepäckträger inzwischen beim Smart-Händler gegen Aufpreis erhältlich sei.

Prospekt mit allen technischen Daten

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