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Unterwegs mit dem smart e-bike: (M)ein Testbericht
 
Durch Zufall bin ich Ende August 2012 zu einem smart e-bike Fahrer geworden. Leider nur für drei Wochen, aber nichtsdestotrotz genug Zeit, um sich intensiv mit diesem Gefährt auseinander zu setzen. In diesem Post möchte ich meine Erfahrungen mit dem Rad schildern und auch einige andere Stimmen von "Testfahrern" mitaufnehmen, von denen ich nach meinem dreiwöchigen Test gehört habe.

Das Werbevideo von der smart-Homepage für das neue smart e-bike. Es verspricht viel: 100 km Reichweite für eine Akkuladung, zeitgemäßes Design, ein neues, junges und flexibles Mobilitätsgefühl in der Stadt ohne von konkreten Fahrzeiten der Busse und Bahnen abhängig zu sein.


Ob das smart e-bike nach den Impressionen aus dem Video halten kann, was es verspricht ist die große Frage. Bevor ich mit dem Testvehikel in Berührung kam hatte ich es nur auf Bildern im Web oder auf Hochglanz-Werbeprospekten oder in jenem Film gesehen, also nie in "Natura". Der erste Eindruck war der von einem stabilen, gut verarbeitetem Rad mit Top-Design (RedDot Design Award, best of the best 2012). Unverkennbar smart (beim Fahren hörte ich von Passanten öfter: "Oh schau mal! Ein smart-bike!"). Mir gefällt das Design sehr gut, hier das Fahrrad in seiner ganzen Pracht:

Das smart e-bike in der Farbausführung "crystal white/electric green" (Quelle: autohaus.de)
 
Neben der oben abgebildeten Ausführung in den Farben crystal white/electric green gibt es noch die Farbkombination dark grey matt/flame orange.

Technik: 
Der Antrieb ist ein bürstenloser Hinterradnaben-Elektromotor von BionX mit einer Nominalleistung 250W. Da es sich um ein Pedelec handelt wird die Leistung nur bereitgestellt, wenn der Fahrer auch selbst in die Pedale tritt d.h. wer nicht selbst Energie einbringt, bekommt auch keine Unterstützung.

Der Akku (Kapazität: 423 Wattstunden) ist elegant in den Rahmen integriert. Der Hersteller smart gibt die Reichweite einer Akkuladung mit bis zu 100 Kilometern an, was aber an einige Bedingungen geknüpft ist und von mir während der Testfahrten nicht annähernd erreicht wurde (genauere Informationen weiter unten). Aufladen lässt sich der Akku in 5 Stunden (von 0 auf 100%). Von 20 auf 80% dauert das Laden rund 3 Stunden.

Das Fahrrad wiegt ohne Akku 26,1 kg, mit dem 3,3 kg schweren Akku kommt man also auf ein Gesamtgewicht von 29,4 kg. Das ist ein sehr stolzes Gewicht, das wohl vor allem der Steifheit des Rahmens geschuldet ist. Die Kraftübertragung wirkt so recht unmittelbar, aber dennoch würde ich ein etwas geringeres Gewicht gegenüber weniger Steifheit willkommen heißen. Denn das Gewicht kann Schwierigkeiten mit sich bringen, wie sich beim Test zeigte.
Statt einer Kette verfügt das e-bike über einen Gates Carbon-Zahnriemen.
Die Bremsen sind Magura MT4: hydraulische Scheibenbremsen mit einem Durchmesser von 180mm.
Die Gangschaltung ist eine SRAM I-Motion Nabenschaltung mit drei Gängen (und damit deutlich zu wenig!).


Beim Fahren verfügt man über jeweils vier Antriebs- und Generatorstufen. Beim Betätigen der Vorderbremse rekuperiert diese und führt die gewonnene Energie wieder dem Akku zu. Genauso ist es zum Bremsen möglich, bei einer Abfahrt dauerhaft in den Generatorbetrieb umzuschalten. So erübrigt sich das Betätigen des Bremshebels, das Fahrrad verzögert und der Akku wird aufgeladen (natürlich geht ein Teil der Energie wegen der Reibung in Form von Wärme verloren). Sportskanonen können den Akku auch auf ebener Strecke mit dem Generatorbetrieb aufladen. Meine Kondition hat das nicht zugelassen.

Beim Zuschalten der Unterstützung wird diese nach ein bis zwei Pedaltritten spürbar. Viele beschreiben es auch als "Fahren mit Rückenwind" und es fühlt sich tatsächlich so an. In der höchsten Unterstützungsstufe ist man sehr schnell bei 25km/h angelangt. Dies ist die Grenze, bei der das System abregelt, d.h. eine Unterstützung über diese Geschwindigkeitsgrenze hinaus ist nicht möglich. Wer schneller fahren möchte muss Muskelkraft bemühen. Dafür zählt das e-bike weiterhin als Fahrrad und ist somit zulassungs- und versicherungsfrei.

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Der Test:
Es bereitet sehr viel Vergnügen mit dem e-bike zu fahren; wenn der Motor fehlerfrei arbeitet, entfaltet er seine Kraft sehr gleichmäßig. Mein Weg zur Arbeit beträgt ungefähr 15 Kilometer, die ich sehr bequem in etwas mehr als 35 Minuten zurücklegen konnte. Der Höhenunterschied beträgt um die 40m, die Strecke ist also (für Stuttgarter Verhältnisse) eben. Durch den hohen Spaßfaktor beim Fahren vergisst man etwaige Anstrengungen (von alleine fährt das Rad eben doch nicht) völlig. Ergonomisch ist das Fahren auch sehr angenehm. Der Lenker ist wegen der Elektronik nicht höhenverstellbar, nur der Sattel kann der Körpergröße angeglichen werden. Bei meiner Größe von unter 1,70m war dies ausreichend. Andere Stimmen von Fahrern über 1,75m Körpergröße sind weniger positiv. Ich hörte von Rücken- und Knieschmerzen nach einiger Zeit. Zudem arbeitet Smart derzeit an einer Federgabel, da der jetztige Rahmen zwar auf glatten Asphaltstraßen recht angenehm zu fahren ist, aber auf gepflasterten Strecken die Unebenheiten direkt auf den Fahrer übertragen werden. Dies wird über längere Strecken unangenehm.

"Spezialstrecken":
Außer auf meinem Weg zur Arbeit testete ich das Pedelec aber auch auf anderen Strecken, die für Stuttgart typischer sind. Die meisten Stuttgarter sind eben nicht nur im Neckartal unterwegs, sondern pendeln täglich zwischen Vaihingen, Möhringen, Degerloch oder anderen höher gelegenen Stadtteilen und dem "Kessel" Stuttgarts hin und her. Zwei der topographisch anspruchsvolleren Strecken waren der Weg von Stuttgart-Mitte zum Fernsehturm (Stuttgart-Degerloch) und der Weg von Stuttgart-West zum Bismarckturm (Stuttgart-Nord), auf die ich noch näher eingehen möchte.

Beim Fahren ohne Unterstützung, quasi als normales Rad, macht sich schnell das Gewicht negativ bemerkbar. Sowie die Gangschaltung mit nur drei Gängen. Ein Rad mit knapp 30kg Gewicht (mit ausgebautem Akku darf das Rad (wohl aus Stabilitätsgründen) nicht gefahren werden) zuzüglich Fahrer muss erst einmal bewegt werden. Schon relativ geringe Steigungen können den Otto-Normalverbraucher an konditionelle Grenzen bringen. Dies ist der erste Grund, weshalb eine Gangschaltung mit MINDESTENS sieben Gängen vorhanden sein sollte. Wer nun denkt, dass man ohnehin nur mit Unterstützung fährt und auch nicht in die Verlegenheit kommt mit leerem Akku zu fahren, dem muss ich sagen, dass dies schneller passieren kann als man denkt, da die vom Hersteller angegebene Reichweite sehr sehr optimistisch ist und außerdem an bestimmte Bedingungen geknüpft ist, die da wären:
- ebene Topographie
- "Normgewicht" des Fahrers/der Fahrerin (meist 70 bis 75kg)
- niedrigste Unterstützungsstufe
- optimaler Reifendruck
- optimale Temperatur (um die 20°C), Kälte verkürzt die Reichweite erheblich
Da mein Gewicht deutlich über dem Normgewicht liegt und Stuttgart alles andere als eben ist, sind hier schon zwei sehr wesentliche Punkte nicht erfüllt und das merkt man. In der Regel kam ich mit einer Akkuladung zwischen 50 und 55km weit, auf sehr bergigen Strecken sogar nur um die 40km oder etwas weniger. Bedauerlicherweise.

Ganz schlecht: Mit leerem Akku verabschiedet sich auch die Beleuchtung. Hierfür sollte eine Art Notfallstromversorgung vorgesehen werden, falls dies bei Nacht passieren sollte!

Die Akkureichweite bringt mich auf meine vorher erwähnten Strecken zurück:

1. Fahrt:
Stuttgart-Mitte bis Fernsehturm (S-Degerloch) über Bopser, Teehaus, Wernhalde.
Bergauf nutzte ich durchgehend die höchste Unterstützungsstufe, bis zur Haltestelle Bopser war es eher ein Spaziergang, bis zum Teehaus etwas anstrengender. Nach dem Teehaus führt der Margarete-Hannsmann-Weg an der Schillereiche vorbei zur Steinkopfstraße. Dort war der Weg zu steil für mich - selbst im ersten Gang versagte mir die Kraft in den Oberschenkeln, ich konnte wegen der unzureichenden Übersetzung nicht mehr treten, also unterstützte der Motor auch nicht. Ich musste schieben. Es war das einzige Mal, zeigt aber den zweiten Grund, weshalb die Gangschaltung mindestens sieben oder mehr Gänge haben sollte. Im Gegensatz dazu stellte sich der Rest des Weges als kleinere Herausforderung dar. Dieser "Aufstieg" kostete bereits die halbe Akkureichweite. Durch Rekuperation bei der Abfahrt konnte ich etwas Energie zurückgewinnen, wenn auch nicht allzu viel.

2. Fahrt
Stuttgart-West (Feuersee) bis Bismarckturm (Stuttgart-Nord) über Hölderlinplatz, entlang der Zeppelinstraße bis Kräherwald und von dort bis zum Ziel.
Auch hier fuhr ich mit der höchsten Unterstützung. Mit der Steigung gab es dieses Mal kein Problem, mit rund 12km/h flog ich praktisch den Berg hinauf. Der Motor lieferte sehr gleichmäßig seine Leistung. Zwar war auch das anstrengend, wobei ich auch hier die Anstrengung weitgehend "vergessen" habe, weil ich so schnell und problemlos vom Fleck kam. Auch hier war der Akku danach etwa zur Hälfte geleert.

Da ich das Pedelec freundlicherweise geliehen bekam, bin ich selbstverständlich extra sorgsam damit umgegangen. Aus diesem Grund sollte das Rad meiner Meinung nach über Nacht nicht im Freien stehen. Da keine Garage zur Verfügung stand wollte ich das e-bike zunächst in den Keller bringen, doch das enge Treppenhaus und das hohe Gewicht des Rads brachten mich bald von diesem Plan ab. Glücklicherweise liegt meine Wohnung im Hochparterre, das machte es mir zumindest möglich, das smart in die Wohnung zu stellen. Es ist etwas sperrig - eine Garage/Carport oder eine andere ebenerdige Unterstellmöglichkeit wären am praktischsten.

Nach zwei Wochen konnte ich leider nicht mehr mit Unterstützung fahren, da das Pedelec defekt war. Der endgültige Grund für den Ausfall konnte nicht festgestellt werden, seit der Abgabe habe ich leider nichts mehr gehört. Sehr wahrscheinlich war der Akku defekt. Wenn man andere Berichte von Testfahrern hört/liest bzw. auch Berichte von Fahrradhändlern ist dies auch der größte Schwachpunkt aller Pedelecs - nicht nur vom smart e-bike. Die Pedelec-Hersteller haben noch oft mit Kinderkrankheiten zu kämpfen, weil teils unausgereifte Technik ausgeliefert wird. Selbst Fahrradwerkstätten müssen sich noch intensiv in dieses Thema einarbeiten, weil die Entwicklung in den letzten Jahren sehr schnell von statten ging.

Zurück zum smart e-bike: bei anderen Fahrern gab es darüber hinaus Schwierigkeiten mit der Regelung des Motors; die Unterstützung schaltete unwillkürlich zu oder ab, schaltete in den Generatorbetrieb oder ruckelte. Man darf sich fragen, ob der Partner BionX hier Schwierigkeiten hat.
Die Kabelverbindung am Lenker lockert sich schnell, teilweise sind die Lötstellen der Kabel zu sehen, was nicht Sinn der Sache sein sollte, vor allem bei Regen könnte dies Probleme mit sich bringen. Vermutlich lockert sich die Verbindung bei zu starkem Zug am Kabel. Dies kann z.B. passieren, wenn der Lenker des Rads beim Tragen oder Abstellen zu stark ausgelenkt wird: da die Länge der Kabel knapp bemessen ist wickeln sie sich dabei um die "Lenksäule" und verursachen eine Zugbelastung auf die Verbindung, welche sich dann löst.
Von zehn Testfahrzeugen fielen übrigens drei nach drei Wochen aus, was sehr dafür spricht, dass bei smart starker Überarbeitungsbedarf des e-bikes besteht.

Fazit: Das smart e-bike eignet sich hervorragend als Stadt-Rad und zum Pendeln, wobei der Arbeitsplatz wegen der Akkuleistung nicht allzuweit entfernt sein sollte bzw. die Voraussetzungen für eine hohe Reichweite weitgehend erfüllt sein sollten. Das Fahrgefühl ist sehr gut und hat einen hohen Spaßfaktor. Der Komfort soll noch durch eine Federgabel gesteigert werden. Das Pedelec hat Potential die Straßen zu entlasten, selbst kleine Einkäufe sind mit dem richtigen Zubehör (Gepäckträger und Taschen) ohne Probleme zu meistern. Die Verarbeitung der zumeist hochwertigen Materialien ist weitestgehend gut bis sehr gut. Das Design ist einzigartig und sticht ins Auge. Für mehrtägige und lange Touren ist das Rad denkbar ungeeignet (zu schwer, zu wenig Reichweite, zu wenig Gänge). An der Antriebstechnik und -steuerung muss noch gearbeitet werden, die Akkus und/oder die Elektronik sind anfällig und weisen eine noch zu geringe Zuverlässigkeit auf. Man darf hier auf starke Verbesserungen hoffen. Schließlich zahlt man auch einen stolzen Preis, der die meisten brennend interessieren wird. Das smart e-bike kostet wie auf dem Bild weiter oben abgebildet 2849,00 € inkl. MwSt.

Alle weiteren technischen Details finden sich auf der Homepage von Smart.